Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
Ruedi Widmer

Je suis. Nous sommes.

In der Sprache Frankreichs (also der Nation, die sich historisch wie kaum eine andere als Inter-Nation und Meta-Nation konstruierte) gibt es nicht nur postreligiöse Glaubenswörter wie fraternité…

…sondern auch Wissenswörter wie alliance de circonstance. Gespiegelt darin ist etwas, was in der Übersetzung „Zweckbündnis“ verloren geht: nämlich der Umstand, dass die Gelegenheit nicht nur Diebe, sondern auch Bündnisse macht. Und das Wissen darum, dass jedes Bündnis, bevor es irgendwann zur unbefragten „Identität“ mutiert, die sich gegen das Andere und Fremde wehren muss (oder zu wehren müssen meint), zuerst eine Frage der Nützlichkeit ist. Man lese die Schweizer Geschichte des mittlerweile in Paris lehrenden Historikers Thomas Maissen: Es ist eine Geschichte des Wortes Eidgenossenschaft, das sich bedeutungsmässig von der opportunistischen alliance de circonstance zum Glaubenswort wandelt. Man betrachte die Welt-Staatsoberhäupter, wie sie am 11. Januar 2014 in Paris eine Arm-Allianz (im Raum auch: Schulterschluss) bilden, und merke: Wenn es je eine Weltgemeinschaft geben wird, die diesen Namen aus der Sicht ihrer Angehörigen verdient, dann war dies einer ihrer idealistisch-opportunistischen Ur-Momente.