D wie Dada Afrika
Die nachträglich in die Welt gesetzten Ursprungsmythen rund um den Begriff Dada sind allseits bekannt. So wird gesagt, Dada verweise auf das französische Wort «Steckenpferd». Das Spielerische von Dada wurde auch mit der kindlichen Sprachäusserung da da in Verbindung gebracht. In slawischen Sprachen bedeutet Dada «Ja, ja». Auch ein in Zürich beworbenes Haarwasser wurde immer wieder als möglicher Namensgeber ins Feld geführt.
Weniger bekannt ist, dass Tristan Tzara den Ursprung des Wortes Dada mit einer afrikanischen Sprache in Verbindung brachte. Im Kru, einer Sprache Liberias, habe Dada – so das Dada-Gründungsmitglied – die Bedeutung «Schwanz einer heiligen Kuh». Es gibt aber auch eine Dada genannte Orisha-Gottheit bei den Yoruba in Nigeria, von der sich Tzara beim fleissigen Lesen der ethnologischen Quellen in der Zürcher Zentralbibliothek hätte inspirieren lassen können. Letzteres würde auf die Sehnsucht der Dadaisten nach einer spirituellen, mystischen Erleuchtung – projiziert auf Afrikas Religionen – verweisen.
Abgesehen davon hat Dada für 80-Millionen Kisuaheli-Sprechende in Ostafrika eine andere Bedeutung, nämlich «Schwester» – was der männlich geprägten Dada-Bewegung dann noch eine ganz andere Wendung geben und die wenigen Dada-Künstlerinnen in den Vordergrund rücken würde.
Sowohl beim Blick in die Vergangenheit als auch in die Zukunft lohnt es sich also, auch auf die Stimme Afrikas zu hören. Deshalb sind die Worte von Tristan Tzara immer noch aktuell, der über den afrikanischen Kontinent meinte: „Diese neue Welt, die sich im Aufbruch befindet, wird ganz offensichtlich die Welt der Zukunft sein“.