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Franziska Nyffenegger

Souvenir

„SOUVENIR: ist eine schöne Sache oder ein Foto. Ich habe ein Oma-Foto, und ist Souvenir, und ich schaue. Weil Oma ist in Rumänien.“ (Glantschnig 2010)

Was ein Wiener Schulkind mit „Migrationshintergrund“ als Souvenir definiert, würde die kulturwissenschaftliche Fachliteratur wohl eher als Memento bezeichnen, als Gegenstand mit einer tiefen persönlichen Bedeutung, der vom Besitzenden meist nicht käuflich erworben wurde. Der Begriff Souvenir hingegen, so die Experten, meint ein kommerziell hergestelltes, überall erkanntes und in der Regel gekauftes Objekt. Es steht im Spannungsfeld zwischen Indivduum und Kollektiv, zwischen Einzelstück und Kommerz, zwischen Lokalität und Mundialität. Souvenirs sind, wie der Designkritiker Volker Fischer es formuliert, eine „Sollbruchstelle des Authentischen“.

Wie auch immer der Begriff begrenzt wird, einig sind sich alle definitorischen Versuche über den Zeichencharakter von Souvenirs und ihre symbolkommunikative Funktion. Als Erinnerungsstücke bezeichnen sie Vergangenes und verleihen ihm Vitalität. Die Souvenirtheorie spricht von „gefühlsdichten Objekten“ mit einem „narrativen Kern“, von „semantischer Konzentration“, von „Intermedialität“ und „Performativität“. Doch Souvenirdinge erzählen nichts und erinnern nichts; sie sind genauso sprach- und leblos wie Zahnstocher oder Schraubenschlüssel. Wir Menschen animieren sie. Bazon Brock braucht dafür den Begriff des theoretischen Objekts: Dinge, dank denen wir gedankliche Fantasie und reale Welt verknüpfen können.

All diese Überlegungen nehmen die Souvenirbesitzenden ins Visier und lassen die Entwerfenden, Herstellenden und Verkaufenden ausser Acht. Sie blenden aus, dass Souvenirs im engeren Sinn immer Ergebnis einer interkulturellen Begegnung sind – Ausfällungen touristischer Reaktanten.

  • Constantin Boym: Souvenir (1). In: Gottfried Fliedl (Ed.), Wa(h)re Kunst. Der Museumsshop als Wunderkammer. Theoretische Objekte, Fakes und Souvenirs. Anabas, 2002
  • Bazon Brock & Anna Zika (Hg.): Der Barbar als Kulturheld. Ästhetik des Unterlassens – Kritik der Wahrheit. wie man wird, der man nicht ist. Gesammelte Schriften III. Köln: DuMont, 2002
  • Helga Glantschnig: Blume ist Kind von Wiese oder Deutsch ist meine neue Zunge. Lexikon der Falschheiten. Edition Büchergilde, 2010 (1993)
  • Museum für Angewandte Kunst Frankfurt (Hg.): Der Souvenir. Erinnerung in Dingen von der Reliquie zum Andenken. Wienand Verlag, 2006